15 Ideen, wie Potentialentfaltung auch an eurer Schule gelingen kann
1
Selbstorganisiertes Lernen
Eine Lernkultur der Potenzialentfaltung gelingt dort, wo Kinder nicht mehr belehrt, sondern als selbstbestimmte Gestalter*innen ihres Lernweges und als kreative Entdecker*innen ihrer vielseitigen Fähigkeiten und Potenziale ernst genommen werden.
Beispiele: Lernbüro, Logbuch, Pensenbuch, Kompetenzbuch, “Epochale” Ziel-Mind Map
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2
Lehrer*innen als Lernbegleiter*innen
Aus der Perspektive der Potenzialentfaltung werden Pädagog*innen zu inspirierenden Dialogpartner*innen, herausfordernden Begleiter*innen und ermutigenden Unterstützer*innen.
Beispiele: Tutorensystem, „Lerncoach“
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3
Projektbasiertes Lernen
Die Schüler*innen machen die Erfahrung, gemeinsam verschiedene Aspekte eines Themas erarbeiten zu können und erleben die Wirksamkeit ihrer Arbeit. Dies stärkt ihr Vertrauen in ihre persönlichen Fähigkeiten und in die Zusammenarbeit mit ihren Mitschüler*innen.
Beispiele: Projektwoche, Epochen, fächerübergreifende „Lernnetze“, wechselnde Jahresthemen und dazu passende Projektthemen.
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4
Räumliche Gestaltungsideen für eine neue Lernkultur
Schulräume sollten so flexibel sein, dass darin möglichst viele unterschiedliche
Lernphasen unterstützt und angeregt werden: Konzentriertes Arbeiten ebenso wie Gruppenarbeit, Präsentieren ebenso wie Plenum, Bewegung oder Entspannung.
Beispiele: offene Lernlandschaften, Großraumklassen mit persönlichen Arbeitsplätzen, Funktionsräume: Ateliers, Forscher- und Experimentierecken, Entflurung und Unterrichtsgänge, Einbeziehung außerschulischer Lernräume
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5
Wertschätzende Leistungsrückmeldung
Da Potenzialentfaltung Vertrauen, Ermutigung und Wertschätzung braucht, muss sich auch der Umgang mit Leistungsrückmeldungen
ändern. Inzwischen wissen wir, dass nicht Druck, sondern gute Beziehungen entscheidend für Motivation, Engagement und gelingendes Lernen sind.
Beispiele: Tutor-, Mentor*innengespräch, Lernfortschritts-Feedback, Ziel- und Bilanzgespräch, Kindersprechtage/-stunden, Kind-Eltern-Lehrperson-Gespräche
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6
Lernen durch Engagement
Lernen durch Engagement verknüpft fachliches Lernen mit gesellschaftlicher Beteiligung. Die Schüler*innen tun etwas für ihre Mitmenschen oder die Gemeinde. Die Projekte sind eng verbunden mit den fachlichen und theoretischen Inhalten, mit denen sich die Schüler*innen zeitgleich in der Schule auseinandersetzen.
Beispiele: Lernen durch Verantwortung, Service Learning, Sprachbotschafter*innen, Leseprojekte in Altenheim und Kindergarten
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7
Lernen im Leben
„Wenn unsere Kinder wirklich fürs Leben lernen sollen, dann müssen wir das Leben in die Schule holen. Und Schule muss rausgehen ins echte Leben. Dann stellt das Leben die Fragen.“ – Margret Rasfeld
Beispiele: Lernen durch Herausforderung, Glückstraining, Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern, Praktika (während der Schulzeit)
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8
Zusammenarbeit mit Eltern
Eltern gehören neben dem Schulteam und den Schüler*innen zu den wichtigsten Protagonist*innen an Schulen: Nur in verantwortungs- und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit ihnen kann die Umgestaltung einer Schule in einen Ort der Potenzialentfaltung gelingen.
Beispiele: Expertentag: Eltern bringen ihre Kompetenzen ein, Elternhospitationen, Schüler*innen-Elternrat, Leseeltern.
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9
Umgang mit Heterogenität
Zugehörigkeit und Anerkennung stehen laut UN-Menschenrechts-konvention
allen Menschen zu, unabhängig von Nation, Klasse, Geschlecht, Alter oder Handicap. Jedes Kind ist wichtig und zählt.
Beispiele: Jahrgangsgemischte Lerngruppen, Mehrstufenklassen, Integration unterschiedlicher Leistungsniveaus.
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10
Gelebte Schulgemeinschaft
Schule als Gemeinschaft lebt davon, dass alle Akteure sie mitgestalten. Eine demokratische Kultur des Miteinanders braucht partizipative Strukturen, die es allen an der Schule beteiligten Gruppen – Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern und Partner*innen – ermöglichen, sich aktiv und gleichberechtigt einzubringen.
Beispiele: Vollversammlung, Schulversammlung, Schulgemeinschaftsprojekte, klassenübergreifende Feiern, Absolventenverein.
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11
Demokratische Mitbestimmung
Schon im Klassenrahmen kann ein Kosmos an Vielfalt zusammenwirken und eine Kultur der Verbundenheit, des Vertrauens und der Wertschätzung entstehen. In altersgemischten und leistungsheterogenen Gruppen erfahren Kinder und Jugendliche Unterschiedlichkeit als natürliche Form des Lernens und Zusammenlebens.
Beispiele: Klassenrat, Schüler*innenparlament, Kreisleitersystem (Mittagskreis), Streitschlicht-Ausbildung
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12
Zusammenarbeit des Schulteams
„Die Zusammenarbeit potenziert die Möglichkeiten fruchtbringender pädagogischer Arbeit auf vielen Ebenen: Reflexion, Austausch, kritischer Blick, Hilfe in Krisen und Ausnahmesituationen, Schulentwicklung usw. Die intensive interne Kommunikation ist zwar zeitraubend, aber auch erkenntnis- und qualitätsfördernd.“ – Josef Reichmayr
Beispiele:Fächerübergreifende Gestaltung von z.B. Lernbüro und Projekten, Fachliche oder organisatorische Kleinteams, wöchentliche (Groß-) Teambesprechungen, kollegiale Hospitationen (auch von außen)
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13
Strukturelle Rahmenbedingungen für eine neue Lernkultur
Eine Kultur der Potenzialentfaltung erfordert Arbeitsstrukturen, die das Zusammenwirken und die Zusammenarbeit aller Pädagog*innen ermöglichen. Eine Lernkultur, die individuelles, selbstorganisiertes und auf Erfahrung basierendes Arbeiten praktiziert, braucht den Raum für vielfältige Lernarrangements und für verbindliche Zusammenarbeit zwischen Schüler*innen und Pädagog*innen.
Beispiele: Stabile Bezugspersonen, Lernzeitblöcke, freie Arbeitsphasen, Rhythmisierung von Arbeit-Spannung und Entspannung, Themenfelder.
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14
Lernen mit digitalen Medien
In einer von Medien geprägten Gesellschaft sollten Schulen auch eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung von Medienkompetenz
einnehmen. Sie sollten Kindern dabei helfen zu begreifen, wie Medien funktionieren, wie sie diese für ihre Interessen nutzen, wie sie mit ihnen gestalten können.
Beispiele: Bewusster Medienumgang, Blogs, Wikis, Virtual academies
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15
Lernende Schule
Jede Schule ist ein eigenes System mit unterschiedlichen Individuen und Akteuren, spezifischen Voraussetzungen und zu bewältigenden Herausforderungen. Eine nachhaltige und vitale Erneuerung erfordert den Mut, neue Wege zu gehen, sich als Lernende zu begreifen, Bewährtes zu hinterfragen und sich für Ungewohntes zu öffnen.
Beispiele: Raum und Zeit für Visionsentwicklung und Reflexion, Supervision, Feedbacksysteme, wissenschaftliche Begleitung der Schulentwicklung.
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Was ist Potentialentfaltung?
Unter einer Lernkultur der Potenzialentfaltung verstehen wir eine Lernkultur, die Vielfalt zulässt und die eine Entfaltung der individuellen Potenziale und Kompetenzen ermöglicht – eine Lernkultur, in der jedes einzelne Kind erlebt, dass es in seiner Einzigartigkeit genau richtig ist und gebraucht wird.
Kinder bringen von sich aus alles mit, was es dafür braucht! Eine Lernkultur der Potenzialentfaltung schafft daher vor allem die Bedingungen dafür, dass Lernen als ein Freude machender, kreativer und inspirierender Prozess erlebt werden kann. Dazu gehört vor allem, dass sich Lernende wertgeschätzt und als Teil einer Gemeinschaft erfahren können. Dazu gehört auch, dass sie Raum dafür haben, eigenständig, experimentierend und erfahrungsgebunden zu lernen. Eine neue Lernkultur bedeutet, reale Herausforderungen zu meistern, Verantwortung übernehmen zu dürfen, mit Risiko und Scheitern umgehen zu lernen – eine Lernkultur, die vermittelt, was es heißt, aktiv und gestaltend in der Welt zu sein und gemeinsam mit anderen etwas Bedeutsames zu bewirken. Eine Schule der Potenzialentfaltung ist dann ein Ort, an dem Kinder ihr Verständnis von dem, wer sie sind vertiefen können. Ein Ort, an dem sie Fähigkeiten erwerben können, um ein sinnerfülltes und glückliches Leben zu führen. Nicht das Wissen aus dem Lehrbuch steht hier im Vordergrund, sondern der Mensch und seine individuellen Potenziale und Gestaltungsmöglichkeiten.
„Es wäre also an der Zeit, aufzuwachen und unsere Schulen in das umzuwandeln, was sie sein müssten: Werkstätten des Entdeckens und Gestaltens, Erfahrungsräume zur Entfaltung der in allen Kindern angelegten Potenziale, Begegnungsorte für das Voneinander- und Miteinander-Lernen, Basislager des Erlebens von gegenseitiger Achtung und Wertschätzung und des Gefühls, aneinander und miteinander über sich hinauswachsen zu können.“
Gerald Hüther, Neurobiologe
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